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Im Sturm ohne Segel

Günter Hänssler

TRÄGST DU MICH, WENN ICH MÜDE WERDE...

Viele Lieder der Sing-dein-Lied-Serie haben eine Vorgeschichte.

Darf ich euch denn auch daran teilhaben lassen?


Ich habe etliche Jahre in der Firma meines Vaters gearbeitet, was insoweit erstaunlich war, dass ich in jungen Jahren als schlimmer Rebell galt. Und das sind dann nicht unbedingt die Kandidaten, die im Mekka des Pietismus landen.

Aber ihr wisst ja selbst, wenn Menschen in Berührung mit Göttlichem kommen, gleicht das immer einem Wunder und so war das bei mir auch. Und wenn die Geschichte hier aus gewesen wäre, wären mir viele Tränen erspart geblieben. Dann hätte die Geschichte geheißen, schwarzes Schaf findet nach Hause. Die Tränen sind mir aber nicht erspart geblieben.

So sehr wie mich die Arbeit im christlichen Verlag auch im positiven Sinne geprägt hat, gab es schon in frühen Phasen immer wieder wirtschaftliche Schwierigkeiten aus diversen Gründen. Ich war der festen Überzeugung, wenn man jetzt mal richtig die Ärmel hochkrempelt, dann lässt sich das mit viel Engagement regeln.


Und ich hatte den Eindruck, Gott hat mich wo hingestellt,

wo mein Platz ist, an dem ich meine Gaben einbringen kann.

Dann ging das einige Jahre ganz gut und auch erfolgreich.


Aber dann gab es eine Zäsur, von der an es geschäftlich immer schlechter ging. Bei einem neu gebauten Logistikzentrum kam die Technik nicht zum Laufen, Aufträge konnten nicht ausgeliefert werden, infolge dessen kam natürlich auch kein Geld rein.

Das Schlimme in so einer Situation ist, dass du als Mitverantwortlicher den Mitarbeitern die natürlich auch um ihre Existenz Sorge haben, Mut machen musst, auch wenn der Mut dich selbst immer mehr verlässt.

Ich konnte nicht mehr schlafen, und wenn dann nur noch mit Schlafmitteln. Und dann am 10. März 2003 wusste ich, dass am nächsten Tage Insolvenz angemeldet werden musste. Mit allen Konsequenzen für die Mitarbeiter etc.. Ich hab mit Schlafmitteln 1 ½ Stunden geschlafen, dann war die Nacht vorbei. Ich hab meiner Frau Conny um 4.30h morgens die erste Zeilen des Liedes als SMS gesendet, dessen Endfassung als Lied in die „Sing-dein-Lied“-Serie eingegangen ist.


Trägst du mich, Herr, wenn ich müde werde,

wenn ich in Not meine Kraft aufzehre?

Führe mich, Herr, führ mich ans Ziel.

Mach mich bei dir ruhig und still.

Schenk mir Flügel, die mich tragen.

Schenk mir Flügel heim zu dir.

Ganz, ganz nahe möcht ich bleiben.

Ganz, ganz nahe bist du mir, bist du mir.

Hörst du mich, Herr, wenn die Stürme toben,

wenn ich nichts seh als die hohen Wogen?

Halt mich ganz nah, ganz nah bei dir.

Reich mir die Hand, greife nach mir.

Schenk mir Flügel….


Ich möchte aber nicht verheimlichen, dass die ersten Textzeilen, die meine Frau von mir erhielt, so depressiv klangen, dass sie sich sehr große Sorgen um mich machte. Es brauchte lange, bis ich - umgetrieben von unbeantworteten Fragen - dann einen fertigen Text hatte.


Im deutschen Text heißt es in Frageform: Trägst du mich? Eine Frage, die bange klingt und auch noch lange bange war.

Im englischen Text ist dann daraus eine Aussage geworden: Carry me, du trägst mich!

Was für ein Unterschied!


Es gibt Situationen größter Not, da verstehen wir Gott nicht.

Ich hab mir die Frage immer wieder gestellt: Warum hat mich Gott an einen Platz gestellt und kegelt mich dann wieder raus?

Warum griff Gott in dieser Situation nicht ein?  

Diese Thematik ist auch schön in einem anderen Lied Vers formuliert:


Wir wüssten es gerne und ahnen nur leise,

dass du (also Gott)  nicht handelst,

nach unserer Weise.

Schenk uns Vertrauen, auch ohne zu seh‘n

und mit dir vom Anfang bis zum Ende zu geh‘n.


Warum segnest du,

mehr durch Leid als durch Freude,

ich dachte ich kenn dich,

doch kenn ich jede Seite?

Schenk uns Vertrauen,

auch ohne zu sehn

mit dir vom Anfang bis zum Ende zu gehen.


Ihr werdet verstehen, dass dies nicht irgendein Lied für mich ist, sondern sehr eng mit meiner Biographie verbunden.

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